8. Sinfoniekonzert 4. Mainzer Komponistenportrait: Heinz Holliger

Heinz Holliger

Elis. Drei Nachtstücke

Claude Debussy

Trois poèmes de Stéphane Malarmé für Singstimme und Orchester bearbeitet von Heinz Holliger

Prélude à l‘après-midi d‘un faune

Heinz Holliger

Dämmerlicht (Hakumei)
Fünf Haiku für Sopran und großes Orchester

Robert Schumann

Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 

Alexandra Samouilidou · Sopran
Hermann Bäumer · Dirigent

Vielfältige rote Fäden verbinden die Werke des 8. Sinfoniekonzertes: Im Rahmen des 4. Mainzer Komponistenportraits stehen zwei Stücke des Schweizer Oboisten, Dirigenten und Komponisten Heinz Holliger auf dem Programm. Elis. Drei Nachtstücke über Gedichte von Georg Trakl umfassen Todesahnung, Sterben und jenseitige Verklärung. Stil und Ausdrucksweisen dieser Stücke verraten, dass Holliger ein Schumann-Verehrer ist. Seinen Liederzyklus Dämmerlicht wiederum beschreibt er „wie eine Verlängerung der Klangwelt Debussys in eine viel komplexere, aber auch labyrinthischere Klangwelt hinein (...)“. Holliger greift mit seinen fünf Haikus für Sopran und großes Orchester auf eine traditionelle japanische Gedichtform zurück, die sich durch das Stilmittel der Kontrastierung von Geräuschen und Stille charakterisiert.

Danach erklingt folgerichtig Claude Debussys Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns – das kurze Stück spielt in der Musikgeschichte eine Schlüsselrolle als Wegbereiter der Avantgarde. Heinz Holliger hat seiner Faszination für Claude Debussy auch durch die Bearbeitung von dessen Klavierliedern Trois poèmes für Orchester Ausdruck verliehen. Beiden Debussy-Werken liegen Gedichte von Stéphane Mallarmé zugrunde.

Wie durch das Werk Elis bereits angekündigt, schließt der Programm-Bogen mit Robert Schumann: Seine 2. Sinfonie ist die Bewältigung einer schöpferischen, seelischen und gesundheitlichen Krise. Als der Komponist in einem Brief an seinen Freund Felix Mendelssohn Bartholdy im Frühherbst 1845 die Idee zu einem neuen Werk mit den Worten "In mir paukt und trompetet es seit einigen Tagen sehr" ankündigte, lag eine Zeit schwerer psychischer und physischer Probleme hinter ihm, deren Überwindung man aber spätestens im mächtig strahlenden C-Dur des Finales hört.

 

Heinz Holziger (Foto: Daniel Vass)

Heinz Holliger · Komponist, Oboist, Dirigent

Heinz Holliger gehört zu den vielseitigsten und außergewöhnlichsten Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit. Geboren in Langenthal, studierte er in Bern, Paris und Basel Oboe (bei Emile Cassagnaud und Pierre Pierlot), Klavier (bei Sava Savoff und Yvonne Lefébure) und Komposition (bei Sándor Veress und Pierre Boulez).

Nach ersten Preisen bei den internationalen Wettbewerben von Genf und München begann für ihn eine unvergleichliche Karriere als Oboist. Einige der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart widmeten ihm ihre Werke. Zugleich erweiterte er Spieltechnik und Ausdrucksmöglichkeiten seines Instruments und setzte sich auch für wenig bekannte und einseitig interpretierte Komponisten ein.

Als Dirigent arbeitet Heinz Holliger seit vielen Jahren mit weltweit führenden Orchestern und Ensembles zusammen. Seine Aufnahmen wurden vielfach mit Preisen u.a. Diapason d’Or, Midem Classical Award, Edison-Award, Grand Prix du Disque, mehrere Deutsche Schallplattenpreise ausgezeichnet.

Heinz Holliger ist einer der gefragtesten Komponisten von heute, dessen Werke exklusiv von Schott Musik International verlegt werden. Sein kompositorisches Schaffen umfasst alle Gattungen, von Bühnenwerken über Orchester-, Solo- und Kammermusikwerke bis hin zu zahlreichen Vokalstücken. Nahezu alle Kompositionen sind Zeugnis einer unermüdlichen Suche nach den Grenzen von Klang und Sprache. Seiner Musik geht vielfach eine intensive Auseinandersetzung mit Künstler- beziehungsweise Dichterbiographien und lyrischen Texten voraus. Immer wieder fesseln ihn Künstler*innen am Rande der Gesellschaft oder an der Grenze des Lebens. An dieser Stelle ist der Scardanelli-Zyklus (1975-85) hervorzuheben, worin Holliger die letzten Gedichte Friedrich Hölderlins für unterschiedliche Besetzungen in einem Zyklus von 21⁄2 Stunden Dauer verarbeitet. Für dieses Werk erhielt der Komponist 1995 den Premio Abbiati der Biennale di Venezia. Im Werkstattkonzert am 5. Mai ist hieraus das Ostinato funebre zu erleben. Für die Bühne schuf Holliger die Oper Schneewittchen nach Robert Walser, die 1998 im Zürcher Opernhaus uraufgeführt wurde. Die ECM-Einspielung von Schneewittchen erhielt 2002 einen Grammy Award. Die Beschäfti- gung mit Texten von Samuel Beckett führte zur Komposition drei weiterer kurzer Bühnenwerke: Come and go (1976/77), Not I (1978-80) und What Where (1988).

Auch Holligers Konzertstücke beziehen sich häufig konkret auf Bio- graphien oder auf literarische Vorlagen. Seit seiner Kindheit faszi- niert ihn die Musik Claude Debussys, so erklingt im Sinfoniekonzert seine Auseinandersetzung mit Liedern des französischen Kompo- nisten: die Trois Poèmes de Stéphane Mallarmé.

Zahlreiche kammermusikalische Werke, darunter Quintett für Klavier und vier Bläser (1989), zwei Streichquartette sowie Solostücke für beinahe jedes Instrument komplettieren sein Œuvre.

Heinz Holliger wurde vielfach mit Preisen und Auszeichnungen bedacht, stellvertretend seien genannt: der Komponistenpreis des Schweizerischen Tonkünstlervereins, der Frankfurter Musikpreis 1988, der Ernst von Siemens Musikpreis 1991, der Prix de Composition Musicale de la Fondation Prince Pierre de Monaco 1994, der Zürcher Festspielpreis 2007, der Rheingau Musikpreis 2008 und der Robert-Schumann-Preis der Stadt Zwickau 2017. Durch Projekte wie das von ihm mitbegründete Basler Musikforum und Kooperationen mit der Jungen Deutschen Philharmonie und dem Ensemble Modern engagiert sich Holliger in besonderer Weise für die Verbrei- tung Neuer Musik.