Großes Haus
Wer einmal einen Stummfilm mit Live-Musik erlebt hat, vergisst das nicht so rasch. Es ist ein eindrückliches Erlebnis, die inzwischen historischen Filmbilder mit live aufgeführter Musik in den Dialog treten zu lassen. Was früher üblich war, hat heute Seltenheitswert, auch wenn es im deutschsprachigen Raum eine in der Größe überschaubare, aber sehr aktive Szene von Expert*innen und Liebhaber*innen gibt, die neben Repertoireklassikern wie Metropolis oder Nosferatu auch Filme feiern, die heute oft weitgehend unbekannt sind. Dabei sind der Erhalt und die Archivierung des empfindlichen Filmmaterials ein Wettrennen gegen die Zeit: Die mittlerweile 100 und mehr Jahre alten Filmrollen sind durch Umwelteinflüsse oder unsachgemäße Lagerung oft angegriffen, teils nur unvollständig erhalten und oder auf entlegene Dachböden in der gesamten Welt verstreut. Ganz verloren ist häufig die Musik zu den jeweiligen Filmen – umso wichtiger, dass es zahlreiche Initiativen gibt, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Genre Stummfilm in seiner ganzen stilistischen Breite und mit neu komponierter Musik wieder der Allgemeinheit zugänglich zu machen.
Für die von der F. W. Murnau-Stiftung frisch restaurierte Fassung von Ludwig Bergers Ein Walzertraum (1925) wurde der Komponist Diego Ramos Rodríguez mit der Neukomposition einer Filmmusik beauftragt, die – wie auch der Stummfilm – auf Oscar Straus’ gleichnamige Operette rekurriert. Die im besten Wortsinn operettentypisch verknotete Handlung erzählt von einem Paar im fiktiven Herzogtum Flausenthurn, das nach einer überstürzten Hochzeit den Weg in die Realität des (Ehe-)Alltags finden muss. Dass der Wiener Gatte in dem provinziellen Fürstentum eine unstillbare Sehnsucht nach seiner selbstverständlich unvergleichlichen Heimatstadt fühlt, lässt nicht nur seine frisch Angetraute zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, sondern bietet auch Anlass zu hinreißend schwungvollen Walzerszenen.
Noch bevor ARTE anlässlich des 100 Jubiläums seiner Uraufführung den restaurierten Film von Ludwig Berger mit der neukomponierten Musik im Dezember 2025 ausstrahlen wird, kommt alles im 4. Sinfoniekonzert erstmals live zusammen. Sowohl Straus als auch der gebürtige Mainzer Berger unternahmen wichtige erste Schritte ihrer jeweiligen Laufbahnen am Mainzer Theater, und so wird dieses Konzert nicht nur ein exklusiver Preview an einem Ort, der passender kaum sein könnte, sondern sicher auch ein Konzerterlebnis, das in Erinnerung bleiben wird.
Mit Reingehört können Sie schon am 05. Dezember mittags einen ersten Einblick in das Konzert erleben!