Großes Haus
Lili Boulanger
D´un soir triste
Edward Elgar
Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85
Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68
Drei große Komponist*innen sind für dieses Konzert zusammengestellt, die prägende biografische Stationen – ob das Ringen mit dem Tod oder das Abschiednehmen von geliebten Menschen oder auch das Abarbeiten an Vorbildern – Musik werden lassen.
Die Biografie von Lili Boulanger liest sich wie eine einzige Tragödie. Mit gerade einmal 24 Jahren verstarb die 1893 geborene französische Komponistin nach einem jahrelangen Martyrium in den Wirren des ersten Weltkrieges an chronischer Darmtuberkulose. Die ersten Töne einer ihrer letzten Kompositionen – D’un soir triste – ziehen einen bereits in eine Welt der Klage und Schmerzen. Ein vielschichtiger Klang, der keine Richtung kennt, sondern fortwährend aus dem Grundrhythmus heraus in kaskadenartigen Wellen auszubrechen versucht und dann wieder zurück zum tröstlichen Hauptthema findet, das wie eine Chiffre der Klarheit gegen das Leid anspielt. Das zentrale musikalische Motiv, ein Trauermarsch, erreicht eine Tiefe, die weit über die sanfte Melancholie hinausgeht, die der Titel des Stücks anzukündigen scheint.
Auch über Edward Elgars Leben in London liegt 1917 ein Schatten: Seine geliebte Frau ist schwer krank, enge Freunde sterben, es ist Krieg. Er selbst kommt gerade aus dem Krankenhaus. Da schießen ihm diese Töne in den Kopf Töne, die ihn nie wieder loslassen werden. Diese Töne sind der Beginn einer großen Erzählung. Als Elgar das Thema einfällt, weiß er noch nicht, was er daraus machen soll: eine Sinfonie? Ein Solowerk? Ein Konzert? Es entsteht ein Werk voller Tragik und Abschiedsstimmung: Sein Cellokonzert ist gleichzeitig sein letztes großes Werk. Ein halbes Jahr nachdem er es fertiggestellt hat, stirbt seine geliebte Frau Alice. Ein Verlust, der Elgar so tief im Herzen trifft, dass er sich außerstande sieht, weiterhin Musik zu schreiben.
Über Jahre hinweg kämpfte Johannes Brahms mit der Niederschrift seiner ersten Sinfonie. Zu groß schien die Ohnmacht vor dem Werk Beethovens. Seinem Freund, dem Dirigenten Hermann Levi, schrieb Brahms: „Ich werde nie eine Sinfonie komponieren! Du hast keinen Begriff davon, wie es unsereinem zu Mute ist, wenn er immer so einen Riesen [Beethoven] hinter sich marschieren hört.“ Im Oktober 1876 hatte Brahms es aber doch geschafft und sofort fanden in Karlsruhe, Mannheim, München und Wien die ersten – gefeierten – Aufführungen seiner ersten Sinfonie statt.
Mit Reingehört können Sie schon am 14. November mittags einen ersten Einblick in das Konzert erleben!
Christian Poltéra · Violoncello
Christian Poltéra, 1977 in Zürich geboren, erhielt Unterricht bei Nancy Chumachenco sowie Boris Pergamenschikow und studierte später bei Heinrich Schiff in Salzburg und Wien.
Als Solist arbeitet er mit führenden Orchestern zusammen wie z.B. dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Los Angeles Philharmonic, den Münchner Philharmonikern, dem Oslo Philharmonic Orchestra, dem BBC Symphony Orchestra, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem Santa Cecilia Orchestra Rom, dem Chamber Orchestra of Europe, dem Orchestre de Paris, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und der Camerata Salzburg. Dabei gehören Dirigenten wie Riccardo Chailly, Christoph von Dohnányi, Bernard Haitink, John Eliot Gardiner, Paavo Järvi und Andris Nelsons zu seinen Partnern.
2004 wurde er mit dem Borletti-Buitoni Award ausgezeichnet und als BBC New Generation Artist ausgewählt.
Christian Poltéra widmet sich auch intensiv der Kammermusik mit Musikern wie Mitsuko Uchida, Christian Tetzlaff, Gidon Kremer, Lars Vogt, Leif Ove Andsnes, Kathryn Stott, Esther Hoppe, Ronald Brautigam, dem Zehetmair, Artemis, Belcea und dem Auryn Quartett.
Zusammen mit Frank Peter Zimmermann und Antoine Tamestit bildet er ein festes Streichtrio, das Trio Zimmermann, das in den bedeutenden Musikmetropolen zu Gast ist.
Ferner tritt er bei renommierten Festivals wie Salzburg, Luzern, Edinburgh, Berlin, Wien, Schleswig-Holstein und London (Proms) auf.
Seit 2013 ist Christian Poltéra künstlerischer Leiter der Kammermusiktage in der Bergkirche Büsingen.
Christian Poltéras zahlreiche Aufnahmen spiegeln sein vielseitiges Repertoire wider und sind vielfach ausgezeichnet worden (u.a. BBC Music Magazine Award, Gramophone Choice, Diapason d’Or de l’Année). Cellokonzerte von Dvorak, Walton, Hindemith, Schostakowitsch, Dutilleux, Lutosławski, Martinu und Ligeti gehören ebenso dazu wie Sonaten von Mendelssohn, Fauré und Saint-Saens. Mit dem Trio Zimmermann hat er Einspielungen mit Werken von Mozart, Beethoven, Hindemith und Schönberg vorgelegt.
Christian Poltéra ist Dozent an der Hochschule Luzern. Er gibt regelmässig Meisterkurse und ist Juror an verschiedenen Cellowettbewerben, u.a. beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München. Zudem hat er Urtext-Ausgaben für den Henle-Verlag herausgegeben.
Christian Poltéra spielt das Violoncello „Mara“ von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1711.
Erina Yashima · Dirigentin
Die in Hannover geborene Dirigentin Erina Yashima war von 2022 bis 2024 Erste Kapellmeisterin an der Komischen Oper Berlin und arbeitet mit vielen renommierten Ensembles, Orchestern und Opernhäusern weltweit zusammen Ihre Ausbildung begann sie am Institut zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter (IFF) an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in ihrer Heimatstadt. Mit 14 Jahren erhielt sie ersten Dirigierunterricht. Nach Studien in Freiburg i. Br. und Wien absolvierte sie ihr Dirigierstudium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. In den letzten Jahren arbeitete sie mit Orchestern wie u.a. hr-Sinfonieorchester, Chicago Symphony Orchestra, Seoul Philharmonic und Orchester des Bayerischen Rundfunks zusammen. Gastengagements im Opernbereich führten sie u. a. an die Lyric Opera of Chicago, die Irish National Opera und die Opera Australia.